Digital Twin

„Für die Präzisionsmedizin werden digitale Zwillinge unerlässlich sein“

Wir trafen uns mit der KI- und Medtech-Enthusiastin Ulrike Attenberger, Professorin und Leiterin der Klinik für Radiologie am Universitätsklinikum Bonn, und sprachen über die Rolle von KI in der Radiologie, das Potenzial von digitalen Patient*innenzwillingen und die Voraussetzungen für eine bessere Gesundheitsversorgung.

10min
Romy Albrecht
Veröffentlicht am November 2, 2022

„Professorin und Lehrstuhlinhaberin für Radiologie. KI & MedTech-Enthusiastin. Mein Ziel und meine Faszination ist es, Innovationen zur Verbesserung der Gesundheitsversorgung voranzutreiben.“ –  so lautet die LinkedIn-Bio von Ulrike Attenberger. Mit ihren fast 20 Jahren klinischer Erfahrung will die Bildgebungsspezialistin in der diagnostischen Onkologie den Service für ihre Krebspatient*innen verbessern.

Und das ist eine große Aufgabe: „Ich sehe einen großen Mangel an Effizienz. Unsere Patient*innen gehen manchmal wirklich im System verloren. Und eines der schlimmsten Dinge aus ihrer Sicht ist der Mangel an Informationen. Sie wissen nicht: Was sind die nächsten Schritte? Was wäre die beste Behandlung? Und wie sieht es mit meiner Lebenserwartung aus? Wie ist mein Behandlungsergebnis? – Das sind alles Fragen, die wir beantworten müssen. Und ich möchte dieses Problem angehen.“ Angetrieben von dem unbedingten Willen, eine bessere Gesundheitsversorgung zu schaffen, ist Ulrike Attenberger fest davon überzeugt, dass neuartige Technologien Ärzt*innen dabei unterstützen können, genau das zu tun. In unserem Video-Interview spricht sie über ihre Sicht auf KI, digitale Zwillinge und die Zukunft des Gesundheitswesens.

Prof. Dr. Ulrike Attenberger ist Direktorin der Klinik für diagnostische und interventionelle Radiologie am Universitätsklinikum Bonn. Ihr Ziel ist es, die Diagnostik und Behandlung von Tumorpatienten zu verbessern. Dabei setzt sie besonders auf den Einsatz künstlicher Intelligenz, unter anderem bei der Charakterisierung einer Erkrankung. Ziel ist eine für den Patienten maßgeschneiderte Therapie. Forschungsaufenthalte führten Prof. Attenberger 2012 bis 2015 nach Harvard, Zürich und Wien. Sie wurde mehrfach ausgezeichnet, unter anderem 2010 mit dem „Fellow Award der Radiological Society of North America“ und 2012 mit dem Walter-Friedrich-Preis, verliehen durch die Deutsche Gesellschaft für Radiologie.
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Ulrike Attenberger ist davon überzeugt, dass es einer engen interdisziplinären Zusammenarbeit bedarf, um das volle Potenzial von Technologien wie KI auszuschöpfen: „Wir brauchen die Erfahrung von Menschen, die die Maschinen entwickeln, bewerten und bauen; von Leuten, die die Modelle trainieren, und von denen, die die medizinische Erfahrung haben – weil die medizinische Erfahrung den Bedarf definiert.“

Einerseits muss es gelingen, das Potenzial dieser Technologien durch interdisziplinäre Zusammenarbeit freizusetzen. Andererseits gibt es immer noch einige strukturelle Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt; zum Beispiel die Frage, wie die benötigten Daten angemessen gesammelt und sortiert werden können, oder aber der Mangel an rechtlichen und ethischen Rahmenbedingungen für diese neuen Technologien. Wenn es uns jedoch gelingt, diese Herausforderungen zu überwinden, könnten wir auf dem Weg zu einer besseren Gesundheitsversorgung sein; zu einer präziseren und personalisierten Medizin, die auf die einzelnen Patient*innen zugeschnitten ist: „Ich würde sagen, das beste Zukunftsszenario wäre, dass wir digitale Zwillinge vollständig in unsere klinische Entscheidungsfindung integrieren, sowohl bei der Diagnose als auch bei der Behandlung“, erklärt Ulrike Attenberger. 

Diese Patient*innenzwillinge könnten auch dazu beitragen, dass sich Menschen in Zukunft nicht im System verlieren: „Digitale Zwillinge sind meiner Meinung nach sehr wichtig, um Präzisionsmedizin im Gesundheitswesen Realität werden zu lassen, weil sie eine Umgebung schaffen, in der lebensrettende Entscheidungen auf der Grundlage von Echtzeit- und historischen Daten getroffen werden können. Aus Patient*innensicht würde ich sagen, dass der Vorteil darin besteht, dass die Transparenz erhöht wird: Wenn Behandlungseffekte an einem virtuellen Modell von mir simuliert werden können, wird es viel einfacher sein zu verstehen, welche Auswirkungen eine bestimmte Behandlung auf mein Leben hat. Und darüber hinaus, wenn Sie in Richtung Wearables denken, die Informationen an den digitalen Zwilling der Patient*innen – oder noch besser: der Menschen liefern, die somit befähigt sind direkt zu sehen, wie ein bestimmter Lebensstil ihre Gesundheit positiv oder negativ beeinflusst.“

Ulrike Attenberger, MD, and other experts joined us to talk about what a patient twin is, what challenges come with the creation of a patient twin, and what benefits it could offer both patients and medical practitioners.

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Patient twinning – the future of healthcare
Healthcare Perspectives
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Patient twinning – the future of healthcare
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Find out what a patient twin is, how it can be created, and what benefits it could offer both patients and medical practitioners. You’ll also learn more about the cloud-based software, Noona, which can be seen as a first step towards a disease-focused version of the digital twin, and how it is used by cancer patients as their 24/7 companion on their journey.

Romy Albrecht
Romy Albrecht
Von Romy Albrecht
Romy Albrecht ist Online-Redakteurin und Content Creator für Multimedia-Inhalte bei Siemens Healthineers. Sie ist spezialisiert auf Technologie- und Innovationsthemen.