Bildgebung

Die Köpfe hinter der klinischen 7T-MRT

Magnetresonanztomographie mit sieben Tesla gibt es seit über 20 Jahren. Unsere Experten erläutern, wie künstliche Intelligenz und fortschrittliche Innovationen dazu beitragen, ihr Potenzial auch im klinischen Einsatz voll auszuschöpfen.
5min
Felix Michelfeit und Doris Pischitz
Veröffentlicht am April 15, 2024

Was als reines Forschungsinstrument begann, ist dank ständiger Weiterentwicklung, kluger Erfindungen und brillanter Köpfe heute reif für die klinische Routine.

Die sieben Tesla (7T) Magnetresonanztomographie (MRT) wurde zunächst vor allem in den Neurowissenschaften eingesetzt, um den Aufbau und die Funktion des Gehirns zu untersuchen. Dank ihrer ultrahohen Auflösung und ihres brillanten Kontrasts können Wissenschaftler*innen damit bislang unsichtbare Details erkennen. Als die Technologie immer breiter verfügbar wurde, dauerte es nicht lange, bis Kliniker*innen ihre Vorteile für den klinischen Einsatz erkannten. In der Neurologie zum Beispiel können sie 7T-MRT einsetzen, um Läsionen im Gehirn zu erkennen und die anschließende Behandlung zu planen. In der Bildgebung des Bewegungsapparats werden kleinste Details der Knorpel und des Meniskus erfassbar, was Ärzt*innen bei weiteren Behandlungsentscheidungen unterstützt.
Ein für Forschungszwecke gut geeignetes Bild reicht jedoch möglicherweise nicht für die klinische Diagnose aus, weil es nur einen begrenzten Bereich abdeckt, Inhomogenitäten aufweist oder die Aufnahme einfach zu lange dauert. Ein Team von Siemens Healthineers machte sich daran, diese Herausforderungen zu lösen.
Bei höheren Feldstärken wie 7T besteht die größte Herausforderung darin, Inhomogenitäten in den Griff zu bekommen. Je höher die Feldstärke des supraleitenden Magneten, desto mehr Signalausfälle sind zu erwarten. Es verhält sich wie Wellen in einem See: Je höher die Wellenfrequenz, desto häufiger kreuzen sie einander und heben sich gegenseitig auf. Da 7T die höchste für den klinischen Einsatz verfügbare Feldstärke ist, können die Bilder trotz hohem Kontrast und hoher Auflösung an den Rändern abgeschwächt werden.

Die Lösung: Normalerweise wird das MR-Signal nur durch einen oder zwei Sendekanäle angeregt. Für MAGNETOM Terra.X entwickelte das Team eine neuartige Technologie namens Dynamic pTx mit acht parallelen und perfekt synchronisierten Übertragungskanälen. Dies funktioniert ähnlich wie bei Licht: Strahlt man mehrere Lichtquellen aus verschiedenen Winkeln auf ein Objekt, treten weniger Schatten bzw. Inhomogenitäten auf. Auf dem gesamten Weg vom Verstärker zur Spule ist extrem hohe Präzision erforderlich, damit letztlich homogene, für klinische Anwendungen geeignete Bilder entstehen.

Es braucht jedoch mehr als Hardware, um homogene Bilder bei 7T Realität werden zu lassen. Es müssen nun statt nur einem gleich mehrere Sendekanäle koordiniert werden. Die Sicherheit der Patient*innen steht aber weiterhin an erster Stelle. Die Software hält das alles zusammen. Sie koordiniert die acht Sendekanäle, gewährleistet hohe Leistung und wahrt zugleich der Sicherheit der Patient*innen.

Bei der MRT wird die Sendeleistung ständig überwacht. Bei nur einem Sendekanal ist das einfach. Bei acht unabhängigen Kanälen wird es weitaus schwieriger. Deswegen wurde ein neues Überwachungsmodell entwickelt, das dazu beiträgt, einen sicheren Betrieb und zugleich maximale Leistung zu gewährleisten.
All dies ist in eine gemeinsame intuitive Softwareplattform eingebettet, mit der die Medizinischen Technolog*innen in der Radiologie diesen hochkomplexen Scanner einfach bedienen können. Dies sorgt für bessere Bildqualität, ohne die Komplexität zu erhöhen.

Klinisches Bild eines Kopfes mit Signalinhomogenitäten an den Rändern.
Klinisches Bild des Kopfes ohne Signalinhomogenitäten an den Rändern.
Die 7T-MRT ermöglicht hochauflösende Aufnahmen mit einzigartigem Kontrast. Sie kann jedoch zu Signalinhomogenitäten führen, wie in der Abbildung links zu sehen ist. Um diese Herausforderung zu meistern, bietet MAGNETOM Terra.X nun Dynamic pTx für bessere Homogenität und Abdeckung im Vergleich zur konventionellen 7T-MRT.
Dynamic pTx berücksichtigt auch Signal- und Kontrastschwankungen durch Optimierung des Hochfrequenzimpulses auf der Senderseite für jede*n Patient*in. Ebenso wichtig ist jedoch auch die Empfängerseite. Hier kommt künstliche Intelligenz (KI) ins Spiel: Mit dem Deep Receive Enhancer (Deep RxE) wird die Bildhomogenität noch weiter verbessert. Letztlich lässt sich hohe Bildqualität nur durch die Kombination beider Technologien erreichen, Dynamic pTx und Deep RxE.

Die hohe Auflösung hat allerdings auch einen Nachteil: Je dünner die Schichten, desto mehr Schichten müssen erfasst werden und desto länger dauert der Scan. Auch hier hilft künstliche Intelligenz, denn mit KI-gestützter Bildrekonstruktion verkürzen sich Aufnahmezeiten drastisch. Deep Resolve, das sich bereits bei niedrigeren Feldstärken bewährt hat, wurde jetzt mit speziellen Daten von 7T trainiert. Durch Aufnahme von Deep Resolve in den Bildrekonstruktionspfad ist die Aufnahmezeit kein Hindernis mehr für die 7T-MRT in der klinischen Routine.


Von Felix Michelfeit und Doris Pischitz

Felix Michelfeit arbeitet für die Einheit diagnostische Bildgebung von Siemens Healthineers. Er ist in verschiedenen Positionen in den Bereichen Executive Communications, Medien und PR tätig.
Doris Pischitz ist Redakteurin in der Unternehmenskommunikation bei Siemens Healthineers. Das Team ist spezialisiert auf Themen rund um Gesundheit, Medizintechnik, Krankheitsbilder und Digitalisierung.